Herren-Cheftrainer Marko Pfeifer

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Marko Pfeifer fungiert seit 2022 als Cheftrainer der österreichischen Skiherren. „Wenn dir dieser Job angeboten wird, kannst du nicht nein sagen“, erklärt der Kärntner. „In einem Land wie Österreich ist das die Krönung.“

 

Pfeifers Herren-Team startet heute ohne Saisonsieg in die WM. Seit 31 Rennen sind die Herren bereits sieglos.

 

KURIER: Wären Sie manchmal gerne Cheftrainer eines Fußballvereins?

 

Marko Pfeifer: Darüber habe ich mir tatsächlich schon einmal Gedanken gemacht. Aber ein Fußballtrainer hat’s bei Gott nicht leichter. Natürlich können sie dort neue Spieler verpflichten, aber wenn’s danach auch nicht läuft, dann gibt’s keine Ausrede mehr. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass man zu seinen Athleten stehen muss.

 

Ist Ihr Job mitunter undankbar, weil Ihnen in gewisser Weise die Hände gebunden sind?

 

Mein Vorgänger Andreas Puelacher hat den Job begonnen, als Marcel Hirscher gerade durchgestartet ist. Natürlich ist das für einen Trainer in gewisser Weise angenehmer, weil man weiß, dass ein Star da ist, der im Grunde immer sticht. Das nimmt dem Trainer, aber natürlich auch der Mannschaft den Druck.

 

Und wie ist die Lage jetzt?

 

Wir haben gute Einzelläufer, aber keinen Seriensieger. Marco Schwarz war im letzten Winter auf einem guten Weg, ist dann aber ausgefallen. Dann hat sich Raphael Haaser verletzt, zuletzt Vincent Kriechmayr. Ich weiß, das interessiert keinen, aber ich muss das ja für mich analysieren, ob wir strategische Fehler begangen haben.

 

Können 31 Weltcuprennen ohne Sieg nur Pech oder eine Verkettung unglücklicher Umstände sein?

 

Da brauchen wir uns nicht auf das Pech ausreden. Okay, es hätte vielleicht da oder dort anders laufen können, es wäre der eine oder andere Sieg möglich gewesen. Fakt ist, dass wir von der mannschaftlichen Herren-Stärke nicht die Nummer eins sind. So ehrlich muss man sein. Zugleich bin ich gerade was die WM betrifft, zuversichtlich.

 

Warum das?

 

Weil ich in den letzten Rennen einen klaren Aufwärtstrend erkenne. Und zwar in allen Disziplinen. Wir sind bei der WM richtig gefährliche Außenseiter. Und eines sehe ich wie im Fußball: Der 12. Mann kann uns in der aktuellen Situation richtig helfen und pushen. Wir haben kein Rennen gewonnen, wir haben nichts zu verlieren. Das sehe ich auf unserer Seite als großen mentalen Vorteil. Ich habe auch den Eindruck, dass sich die Stimmungslage verändert hat.

 

 

Woran machen Sie das fest?

 

Ich merke das in den Gesprächen auf der Straße. Am Anfang waren die Menschen enttäuscht und haben teilweise geschimpft. Jetzt sagen sie plötzlich: Es ist halt gerade eine kleine Welle, aber wir stehen hinter euch.

 

Was macht das mit Ihnen als Trainer und Mensch, wenn es sportlich nicht läuft?

 

Ich bin grundsätzlich jemand, der sich ständig hinterfragt und mache mir meine Gedanken: Was hätte ich anders machen können, haben wir einen Fehler gemacht? Vielleicht muss ich das noch lernen in dieser Funktion, dass ich nicht alles so nah an mich heranlasse. Das ist ein Unterschied zu meinem früheren Job als Gruppentrainer. Das ist ein Lernprozess, man wird nicht als Cheftrainer geboren.

 

Tauschen Sie sich intensiv mit den Athleten aus?

 

In das einzelne tägliche Training greift man als Cheftrainer nicht ein, dafür hat man seine Gruppentrainer. Die haben freie Hand, ich hätte es früher auch gehasst, wenn mir der Cheftrainer gesagt hätte, was ich zu tun habe. Es muss am Ende sowieso jeder seinen Kopf hinhalten.

 

Braucht man als Cheftrainer ein dickes Fell?

 

Wir wissen ja selbst, dass wir nicht die Leistung zeigen. Das tut natürlich weh. Trotzdem musst du Ruhe bewahren. Wenn es gut läuft, ist es leicht, Trainer zu sein. In der jetzigen Situation ist es wichtig, dass man zu den Athleten und Trainern steht. Wenn das nicht der Fall wäre, dann hätten wir jetzt innerhalb der Mannschaft Kraut und Rüben – so wie es vor zwei Jahren beim Frauenteam war. Da bin ich schon stolz, dass wir sehr homogen als Team sind, es schert keiner aus. Ich wüsste jetzt nicht, was wir falsch gemacht hätten.

 

Welche Eigenschaften sind von einem Cheftrainer bei einem Großereignis gefragt?

 

Es geht vor allem darum, Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen und keine Hektik oder Nervosität aufkommen zu lassen. Es macht sich eh jeder schon genug Stress, dann kommt noch der Druck von außen. Es braucht Vertrauen und auch Geduld.

 

Das klingt abgedroschen.

 

Ich weiß. Aber was sollen wir tun? Wir können die Läufer nicht austauschen, und es bringt auch nichts, wenn ich alle zusammenscheiße. Dann werden sie nur noch verunsicherter. Dann stehen sie zitternd am Start und es geht so was von den Bach runter. Wir können den Läufern nur versichern: Wir stehen voll hinter euch, wir probieren den Druck von euch wegzuhalten.

 

Welche Bedeutung hat heute der Teambewerb im Rahmen der Eröffnung? Steht und fällt bei dieser WM alles mit diesem Wettkampf?

 

Man tut nicht gut daran, den Teambewerb gleich auf so eine Stufe zu heben. Jeder kennt diesen Wettkampf, du kannst schon in der ersten Runde ausscheiden. Ich kann nur versichern, dass wir eine gute Mannschaft stellen werden. Und natürlich wäre eine Medaille das Wunschszenario. Wir dürfen aber auch nicht den Kopf hängen lassen, wenn es nicht klappen sollte.

 

Abgesehen von der Heim-WM: Was sind mittelfristig die Herausforderungen für das österreichische Herren-Team?

 

Es geht immer darum, Löcher rechtzeitig abzufangen. Im Slalom werden wir uns bemühen müssen, weil da die Mannschaft eher älter ist. Im Riesentorlauf ist es ähnlich, da kommt auch aus dem Europacup nichts daher. In der Abfahrt sehe ich diesen Berg bereits überwunden.

 

Was stimmt Sie da so zuversichtlich?

 

Mich freut zum Beispiel die Entwicklung von Stefan Eichberger extrem. Da kommen richtig gute Buam daher. Diese Jungen gemeinsam mit Haaser, mit Schwarz, eventuell mit Matthias Mayer, wenn er zurückkommt – dann haben wir plötzlich ein schlagkräftiges Abfahrtsteam.

 

SVD Redaktion
Feber 4, 2025